Liebe LeserInnen & liebe FreundInnen des RhythmikStudio!

Der Corona-Lockdown hat uns wieder – wir unterrichten wieder ausschließlich per Zoom, ob es nun die ganz jungen Kinder betrifft, die künstlerischen Klassen Rhythmical oder auch unseren im Oktober gestarteten Rhythmik-Lehrgang für PädagogInnen.

Allerdings sind wir froh, es funktioniert gut und wir gewöhnen uns immer besser daran, dieses für uns bisher ungewöhnliche Medium einzusetzen, auch immer besser kennenzulernen und für unsere Belange möglichst kreativ einzusetzen.

… gleich zu Beginn eine Aufmunterung … 
… und er trägt noch immer Früchte … beharrlich und ruhig …
(das Foto entstand bei einem  Spaziergang in St. Corona am Wechsel)

Ein besonders wichtiger Aspekt, der unsere Rhythmikstunden belebt und die Kinder zuhause im Spiel aktiviert, ist  das Thema

Experimentieren 

  • in Bewegung,
  • musikalisch,
  • mit dem Material (bisher Sessel, Decke, Kuscheltier, bei den Rhythmical-Gruppen auch Malpapier und Stift oder auch weitere Gegenstände)
  • interaktiv, dh immer bezogen auf die anderen Kinder, die sich ja per Video-Chat gegenseitig auch sehen können.

>>> Daraus entsteht – ganz erstaunlich und doch recht lebendig – ein dialogisches Spielgeschehen, oft ziemlich intensiv und für die Kinder motivierend für ihr Erkunden, Entdecken, Lernen….

Es gibt zu diesem Vorgang des Experimentierens im Unterricht immer wieder Fragen, auf die wir gerne eingehen möchten

  • WAS ist mit Experimentieren gemeint?
  • was hat das mit dem Experimentieren auf sich – WOZU soll das gut sein?
  • WANN und natürlich WARUM findet dies in der Rhythmikstunde statt?
  • … es gibt sicherlich noch weitere Fragen….

WAS ist mit Experimentieren gemeint?

Wir gehen davon aus, dass der folgende Satz für die Rhythmik stimmt, wie kaum ein anderer:

„Nichts ist im Verstand, das nicht zuvor in den Sinnen war.“ (John Locke, engl. Philosoph)

Alles, was ich verstehen kann, begreifen kann (im wahrsten Sinne des Wortes), geht über das Erfassen durch die Sinnesorgane: 

Sehen, hören, tasten, bewegen (kinästhetischer Sinn – Raumlage) etc.

Da Kinder sich selbst am besten in Bewegung wahrnehmen können –  im Sinne von „ich bewege mich, also bin ich“ (für uns Erwachsene trifft ja  eher der Satz des Pilosophen R. Descartes zu: „Ich denke also bin ich“)  – brauchen Kinder differenzierte Möglichkeiten in Bewegung ihre Umwelt zu erforschen, zu begreifen, zu verstehen:

>> Ein Ding will erforscht sein, seine Möglichkeiten im Spiel erlebt, seine Beschaffenheit, sein Spiel-Aufforderungscharakter erfahren, daraus seine Schlüsse ziehen, damit umgehen können, geschickt werden ist das Entwicklungsziel der Kinder:

Alles was die Phantasie in der Bewegung, im Raum, im Geräusch – bis hin zur Musik anregt dient der Entwicklung der Handlungsfähigkeit in Raum, Zeit, Dynamik – und am Ende auch in den kleineren und größeren Spiel -, Musik- oder Tanzgestaltungen (Choreographien).

Was hat das mit dem Experimentieren auf sich – WOZU soll das gut sein?

Die Kinder brauchen das „Selbst-Tun-Können“ als Erfahrung der Selbstwirksamkeit – und das gelingt besonders gut in der Experimentierphase.

Es geht darum, selbst Lösungen für eine Spiel-Aufgabe (bei den Kleinen) oder eine Improvisations-Aufgabe (bei den Größeren) zu finden.

Diese gefundenen Lösungen sind nicht eindimensional RICHTIG oder FALSCH, sondern zeigen die Variabilität der individuellen Lösungsfindungen, den Reichtum, den die Kinder selbst entdecken und erleben können – und mehren dadurch das Selbst-Bewusst-Sein und das Selbstwertgefühl.

Über zahlreiche Sinneserfahrungen werden im Körper/Gehirn neue neuronale Vernetzungen angeregt und sind für das Lernen entscheidend wichtig.

Diese Erfahrungen – und daraus gewonnenen Erkenntnisse –  stehen dann weiteren Erfahrungen, also Lernvorgängen, zur Verfügung.

Die Methodik der Rhythmik formuliert das Vorgehen im Rhythmikunterricht so: erleben – erkennen – benennen  >>> John Locke formulierte es ja fast gleich, siehe oben <<<<

Das bedeutet: je mehr ein Kind differenzierte Erfahrungen selbstgesteuert machen kann, umso mehr erhöht es seine Lern – und Merkfähigkeit, baut seine Fertigkeiten aus und erweitert seine Fähigkeiten.

Unsere Aufgabe und gleichzeitig Unterrichtskunst als Rhythmik-PädagogInnen ist es, diese Erfahrungen so über Spiel-Situationen mit Musik und Bewegung in der Gruppe anzuregen, anzuleiten, zu führen, weiterentwickeln zu helfen, dass dabei für die Kinder das entsprechend motivierende und dadurch neuronal besonders wirksame Lernen möglich wird.

WANN findet das in der Rhythmikstunde statt?

In der Rhythmikstunde gibt es meist fürs Experimentieren viele Gelegenheiten, sei es schon beim Begrüßungslied, bei der Fortbewegungsphase, aber ganz besonders natürlich in jener Phase, in der das Hauptthema der Stunde dann eingeleitet wird.

In dieser Experimentierphase soll es für jedes Kind möglich werden, das entsprechende Thema/Material in all seinen Facetten selbst kennenzulernen, zu erforschen und möglichst mehrdimensionale Verwendungsmöglichkeiten herauszufinden.

> als Beispiel: Eine Decke kann zum Zudecken, zum Draufliegen verwendet werden…. klar, aber auch

  • zum Rutschen (wenn sie klein zusammengelegt ist)
  • zum „Eislaufen
  • zum Verstecken (dann Tiere oder Positionen raten oä.)
  • zum Karoussel spielen
  • zum Schaukeln
  • zum sich Einrollen
  • zum Dinge transportieren
  • zum Formen legen
  • zum Verkleiden
  • zum Dinge/Kuscheltiere schupfen
  • als Insel zum drumherumlaufen
  • als Meer zum Wellen machen
  • etc etc

um nur Einiges zu nennen, was in den vergangenen Zoom-Rhythmikstunden  bei den Kindern beobachtbar war.

WARUM in der RhythmikStunde?

Die Rhythmikstunde ist für diese Erfahrung des Experimentierens besonders gut geeignet, weil wir einerseits als „Arbeitsmittel“ Musik, Bewegung, Materialien, Stimme/Sprache und das Tun in der Gruppe haben, das bedeutet, dass diese Bereiche Teil des natürlich entstehenden Spiels von Kindern ist und dadurch ein großes Feld an Möglichkeiten eröffnet, dazu aber – und das ist ganz wichtig – den Handlungsspielraum OFFEN hält.

Die Rhythmik ist ein prozessorientiertes Pädagogisches Verfahren, dh wir haben keine fix-vorgegebenen Lernziele, kein fixes Curriculum oder einen Lehrplan, den wir einhalten sollten, sondern wir orientieren uns an

  • den Möglichkeiten der jeweiligen Entwicklungsstufe in der die Kinder der Gruppe jeweils sind (daher sind die Gruppen ja in Stufen und darin in relativ engen Altersgruppen eingeteilt)
  • den künstlerischen Verknüpfungen, die uns, aber auch den Kindern einfallen
  • unseren musikalischen, instrumentalen Möglichkeiten, die wir im Unterricht als Live-Musik zur Bewegungsbegleitung, für Lieder oder als Improvisation einbringen können
  • den klassischen Rhythmik-Materialien (Reifen, Seile, Bälle etc) aber auch Alltags-Materialien (Watte, Pringlesdosen, Murmeln etc)
  • den Jahreslauf-Festen
  • etc etc.

Die Kunst ist es, daraus ein lebendiges Unterrichtsgeschehen zu gestalten, damit genau jene motivierende Atmosphäre für die Kinder entsteht, die die Kinder in ihrer künstlerischen, körperlichen, sozialen und kognitiven Entwicklung unterstützt.

Dass die Kinder zu allermeist so gerne in die Rhythmikstunden kommen, ist ein deutliches und für uns sehr erfreuliches Zeichen, dass es gelingt, die Kinder entsprechend zu erreichen!

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Kleine Spiel-Anleitung zum Experimentieren:

Vielleicht haben Sie Chinesische Essstäbchen zu Hause?

Mit diesen Stäbchen können verschiedenste Geräusche entwickelt werden
– zB nur mit den Stäbchen selbst, aber auch mit anderen Gegenständen….

…. die Challenge: 

  • versuchen Sie mit den Stäbchen selbst 3 verschiedene Sounds zu finden
  • versuchen Sie mit den Stäbchen und einem anderen Gegenstand 3 verschiedene Sounds zu finden
  • versuchen Sie mit den Stäbchen ein Balancierspiel zu finden und das Stäbchen auf 3 verschiedene Arten durch das Wohnzimmer zu tragen, ohne es festzuhalten*
  • versuchen Sie mit den Stäbchen und einem anderen Gegenstand etwas zu bauen, das 3dimensional ist*
  • versuchen Sie zu Deinem Lieblingssong ein paar der Sounds, die du gefunden hast, dazuzuspielen
  • versuchen Sie zu Deinem Lieblingssong einige der Bewegungsspiele mit den Stäbchen zu machen – und dabei auf die Form des Songs zu achten (Refrain, Strophe)
  • versuchen Sie ….. alle weiteren Ideen, die sich aus dem Spiel mit den Chin. Esstäbchen sonst noch ergeben, umzusetzen.

Das könnte natürlich immer noch fortgesponnen werden, man kann das auch zu zweit probieren, sich gegenseitig spiegeln, sich gegenseitig abwechseln etc etc.

Wir wünschen Ihnen allen eine gesunde Lockdown-Zeit 
– und hoffen, dass wir möglichst bald wieder LIVE unterrichten können!